Offene Beziehungen und Polyamorie lässt sich auch mit Familie und Kindern vereinbaren. Es sollten jedoch ein paar Dinge beachtet werden.
Ist die Beziehung nur für sexuelle Kontakte offen, kann es sinnvoll sein, die Kinder gar nicht mit einzubeziehen. Warum auch, mit wem Mama und Papa sonst noch Sex haben, sollte sie nicht interessieren. Wenn die Menschen näher am System sind, könnten die Personen auch als Freunde vorgestellt werden und auf intimeren Kontakt vor den Kindern verzichtet werden. Bei Polyamoren und auf Langzeitbeziehung angelegten Konstellationen kann es notwendig und auch sinnvoll sein, die Kinder altersentsprechend mit einzubeziehen. Hier sollte es gute Einigungen und Absprachen zwischen den Eltern geben. Es gibt auch Konstellationen, bei denen sogar Coparenting Konzepte (also gemeinsames Eltern-sein) funktioniert und einen Gewinn für alle darstellt.
Für Kinder ist es wichtig, dass sie konstante und verlässliche Bezugspersonen haben. Ob das jetzt nur genau Mama und Papa oder andere* oder noch mehr Menschen sind, ist dabei zweitrangig. Ganz kleine Kinder verstehen das Konzept von Beziehung noch nicht. Wichtig ist, dass die engsten Bezugspersonen für die Kinder präsent sind und Zeit und Energie aufbringen. Wenn andere Menschen das auch tun, umso besser. Schwierig wird es dann, wenn diese anderen Menschen wechseln, mal nah sind, mal fern oder plötzlich, ohne für das Kind ersichtlichen Grund, ganz aus dem Leben verschwinden. Daher sollte sehr gut überlegt werden, welche Menschen wie stark in das Leben von Kindern gelassen werden also wen oder was man mit in die Familie hineinnimmt und was nicht. Wichtig für die Kinder ist es, ganz klar zu wissen, wer sind ihre (konstanten) Bezugspersonen und wer ist zuständig als Ansprechperson für was. Die Kinder sollten die Rückversicherung bekommen, dass auch bei gegebenenfalls wechselnden Partnern* die Eltern / die festen Bezugspersonen immer für sie da sind und auch dann ihre Zeit für ihre Kinder priorisieren, wenn es in der oder einer Beziehung kriselt.
Wenn die Kinder älter werden, werden sie unter Umständen mit den Meinungen ihrer Umwelt konfrontiert. Es kann sein, dass sie möglicherweise gehänselt werden, andere Kinder und Eltern lästern (oder sogar sie mobben), wenn sie in einer nicht mono-normativen Beziehungskonstellation aufwachsen. Aber auch hier gibt es Veränderungen in der Gesellschaft. Es wird mehr Toleranz gelebt und es gibt immer mehr Familien, die ungewöhnliche Familienkonstellationen leben. Je mehr Familien ein offenes Konzept transparent vorleben, desto weniger ungewöhnlich ist ein solches Konzept und desto mehr Akzeptanz wird es in der Gesellschaft finden. Die eigene Entscheidung muss hier nur klar sein: Was will ich vor meinen Kindern leben? Was will ich nach außen kommunizieren und mit welchen Reaktionen will ich mich und meine Kinder konfrontieren? Wann möchte ich es meinen Kindern wie in welchem Alter erklären? Es ist gut, sich kindgerechte Formulierungen angepasst an das jeweilige Alter zu überlegen. Wenn man sich für eine offene Kommunikation mit seinen Kindern entscheidet, kann es gut dazu kommen, dass die Kinder (wahrscheinlich spätestens im Jungendalter) das Beziehungsmodell hinterfragen und sich selbst davon abgrenzen. Hier ist es wichtig, die Kinder / Jugendlichen mit ihren Gefühlen auszuhalten, für sie da zu sein, Rede und Antwort zu stehen und auch klarzustellen, dass es das eigene Beziehungsmodell ist und sie die Freiheit haben, für sich selbst zu entscheiden, welches Modell sie leben möchten.
Ungünstig ist, wenn Kinder zum Geheimnisträger werden: Das heißt, sie wissen von den außerfamiliären Liebschaften und / oder Beziehungen und dürfen aber niemanden etwas erzählen. Dies sollte Kindern nicht zugemutet werden und kann in Kindern starke Unsicherheit und Loyalitätskonflikte hervorrufen. Was „geheim“ ist, ist unter Umständen auch nicht „erlaubt“ oder „nicht richtig“. Dies verlangt emotionale Arbeit und verlagert Verantwortung dahin, wo sie nicht hingehört.
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